Honnefer - Versorgung
Vortrag von Dr.med.Dr.med.dent. Joachim Rings

 

Der Begriff Honnefer-Versorgung entstand durch Patienten, die erzählten: "In Honnef bekommt man feste Zähne innerhalb von einem Tag!" Honnefer Versorgung beinhaltet die Versorgung von 4 interforaminalen Implantaten innerhalb von 24 Stunden.
Die sogenannte SOFORTVERSORGUNG von Implantaten im zahnlosen Unterkiefer wurde erstmals von
LEDERMANN 1979 beschrieben. Er fand heraus,  dass die optimale Zeit der prothetischen Versorgung die ersten 48 Stunden nach Setzen der Implantate sind.
Dies war für mich auch immer die Richtlinie, als ich vor 7 Jahren mit dieser Versorgung in meiner Praxis begann. Auch hatte ich das Glück, mit einem
Labor zusammen zu arbeiten, das mir in der entsprechend gewünschten Zeit die Arbeit lieferte und liefert, die ich haben will.

 

 

 

Prinzip der Versorgung

Das Prinzip der Versorgung ist das Setzen von 4 interforaminalen Implantaten im zahnlosen Unterkiefer mit ausreichender Primärstabilität und die Verblockung (Versorgung) mit Steg innerhalb von 24 Stunden.
Die Versorgung erfolgt mit
BRANEMARK-MK-II-conical-Implantaten. Der Durchmesser beträgt 3.75-mm. Die angebotenen Längen betragen (incl. 3,5mm konischer Schaft):

    1. (10-mm) 13-mm
    2. (12-mm) 15-mm
    3. (15-mm )18-mm
    4. (18-mm) 21-mm

Die Verteilung der 4 Implantate erfolgt in der Regel auf die Positionen regio 34, 33, 43 und 44, so dass sich bei 2 angehängten Freiendsatteln 3 ausreichend breite Stege zur Sicherung der Unterkieferprothese ergeben. Das es zu dieser Regel Ausnahmen gibt, sehen Sie gleich beim klinischen Fall, bei dem der "letzte Haltezahn" 42 intraoperativ entfernt wurde.
Die Primärstabilität kann man dahingehend definieren, dass das Einbringen des Implantates mit mindestens 30 Ncm erfolgen muss, was mit dem Torque-Controller problemlos zu kon- trollieren ist.

 

 

Welche Patienten

Praktisch jeder Patient mit zahnlosem Unterkiefer ist für diese Versorgung geeignet, sofern er keine Stoffwechselkrankheit hat, die eine Kontraindikation zu einer Implantatversorgung dar- stellt.
Für eingestellte MARCUMAR-Patienten ist dies eine optimale Versorgung. Das Vorgehen reduziert das chirurgische Trauma, wie auch das einer eventuellen Interimsversorgung, auf ein Minimum. Zu einer Knochenblutung kann es faktisch nicht kommen, da die Knochenbohrun- gen direkt
verbolzt werden. Ideal für uns alle ist der kaum atrophierte zahnlose Unterkiefer. Doch in der Regel wird man mit atrophierten und stark atrophierten Unterkiefern konfrontiert. Hier bin ich auch bereit zu implantieren unter einer vertikalen Höhe von 10 mm. In diesen Fällen würde ich aber die Anzahl der Implantate erhöhen. Die hier meist fehlende fixierte Schleimhaut sollte durch eine partielle Vestibulumplastik ersetzt und störende Schleimhaut- bänder entfernt werden.

 

 

Zeitlicher Ablauf der Versorgung

 

 

Technik vor dem OP

    1. Einartikulieren der Orginalprothese mit Gegenbiss
    2. Herstellung des individuellen Löffels mit Rekonstruktion des Orginal-Zahnbogens und der Bisshöhe. Die geplanten Implantatregionen werden freigelassen.

 

 

Chirurgisches Vorgehen
( am Fallbeispiel )

Ich bevorzuge den Alveolarkammschnitt, der in der ehemaligen 6-er Region nach vestibulär ausläuft.
Die Präparation des Knochen findet in typischer Weise statt, beide Foramina mentale werden dargestellt.
Der Alveolarkamm wird gering und knochensparsam egalisiert im Bereich der späteren Im- platatregionen. Weitere Knochenkanten werden lediglich knochensparend geglättet.
Danach erfolgt Ankörnung und Pilotbohrung der 4 Implantatpositionen, wobei darauf geachtet wird, dass die Positionierung der distalen Implantate kurz vor dem Foramen mentale beidseits erfolgt.
Die 4 Implantate sollten selbstverständlich möglichst parallel eingebracht werden.
Nach Kontrolle mit den Positionierungspfosten erfolgt die Aufbereitung des Implantatbettes in typischer Weise.
Anschließend werden die 4 Implantate eingebracht, die 3,5-mm hohe polierte Titan-Schulter ersetzt uns die sonst gewohnte Distanzhülse.
Vor dem Zunähen bereite ich mir die weitere prothetische Abdrucknahme vor, indem ich nun bei noch immer gut einsehbaren Implantaten problemlos die verkürzten Abdruckstempel spaltfrei auf die Implantate aufschraube.
Danach erfolgt speicheldichter Wundverschluss nach kleinen Excisionen im Bereich der Im- plantate.

 

 

Prothetisches Vorgehen
(am Fallbeispiel)

Jahrelang formte ich mit präoperativ hohlgelegten und im Bereich der geplanten Implantat- regionen geöffneten Unterkieferprothesen die Situation ab.
Hier ergaben sich aber teilweise erhebliche Schwierigkeiten bei "alt"-erweiterten Unterkiefer-Stahlprothesen, sowie völlig "abgesunkenen" Prothesen. Meist fielen hier alle Frontzähne der Anpassung an die Situation zum Opfer.
Heute forme ich generell nur noch mit einem individuellen Löffel mit rekonstruiertem Orgi- nal-Zahnbogen und –Bisshöhe ab. Letztere kann aber auch noch individuell erhöht werden.
Zur Abdrucknahme wird der Patient aufgesetzt, vorhandener herausnehmbarer Gegenkiefer- Zahnersatz wird eingegliedert.
Die Abdrucknahme wird immer mit
IMPREGUM durchgeführt, das primär mit der Spritze um die Abdruckpfosten verteilt wird. Der nach oben offene individuelle Löffel wird mit Wachs abgedeckt und mit IMPREGUM gefüllt.
Der Abdrucklöffel wird eingesetzt, die Abdruckpfosten-Schrauben lassen sich durchdrücken durch den Wachs.
Der Patient schließt den Mund im Schlußbiss.
Nach Aushärten des
IMPREGUM wird der Wachs entfernt, sowie überschüssige Teile des Abdruckmaterials.
Nach Lockerung der Kaumuskulatur und mehrfachem Üben des Patienten zum richtigen Schlußbiss erfolgt nun nochmalige Schlussbissnahme mit
QUICK-BITE bei noch fest verschraubtem individuellem Löffel.
Danach Entfernen der Implantatpfosten-Schrauben und Herausnahme des Abdruckes.
Die nun freiliegenden Implantatschrauben werden mit großflächigen, über den Implantat- rand hinausragenden Abschlussschrauben abgedeckt.
( Im klinischen Fall musste aber regio 43 eine "normale Abdeckschraube aufgebracht werden, da der Abstand zu eng war )
Die Abdrücke gehen zum Labor.
Es erfolgt die postoperative Röntgenkontrolle.

 

 

Technik nach der OP

    1. Herstellung des Meistermodelles
    2. Einartikulieren in vorhandenen Artikulator
    3. Steg-Erstellung mit angßfähigen Goldzylindern – dadurch keine Lötstellen
    4. Ausarbeiten der alten Unterkiefer-Prothese
    5. Einarbeiten der Stegreiter und Fertigstellung

Sofern die Prothese nicht gleichzeitig auch eine Verbandsplatte für eine partielle Vestibu- lumplastik ist, reduziert das Labor bereits leicht die vestibuläre Prothesen-Schürze in der Unterkiefer-Front, um drohenden Druckstellen in der postoperativen Schwellungsphase entgegen zu wirken.

 

 

 

Einsetzen der Arbeit

Am 1. postoperativen Morgen werden nach einer gründlichen Wundkontrolle und noch- maliger Wundsäuberung die 4 Abdeckschrauben entfernt.
Der fertige Steg wird eingepasst. Hier wird auf Spannungsgefühl geachtet und darauf, dass nichts zwischen Steg und Implantat eingeklemmt wird.
Die Goldschrauben werden in typischer Weise mit 10 Ncm angezogen.
Danach Einsetzen der umgearbeiteten Unterkiefer-Prothese.
Hierbei wird darauf geachtet, dass die Spannung der Stegreiter am Anfang nicht extrem fest ist, da der Patient sich primär noch an die Einschubrichtung und das Handling mit dieser neuen Versorgung gewöhnen muss.
Danach wünsche ich dem Patienten
guten Appetit zu seinem ersten Mittagessen ( oder auch zum 2. Frühstück!) nach Jahren, bei dem er wieder richtig zubeißen kann.

 

 

 

Zusammenfassung

Dieses Therapiekonzept wird von mir in meiner Praxis seit knapp 7 Jahren regelmäßig durchgeführt, in den letzten Jahren ausschließlich mit dem BRANEMARK-System.
Die Versorgung mit
BRANEMARK-Implantaten hat den gesamten Ablauf vereinfacht und sicherer gemacht.
Das Vorgehen und der Ablauf sind mittlerweile so standardisiert und in seinem Ablauf relativ einfach. Für jeden implantologisch versierten Kollegen ergeben sich dadurch keine Probleme.
Durch die intraoperative Abdrucknahme mit der vorhandenen Unterkieferprothese oder dem entsprechend angefertigtem individuellen Löffel in gleichzeitiger Occlusion werden die Fehlerübertragungen deutlich reduziert.
Der Patient hat nach Eingliederung der Arbeit seinen gewohnten alten Biss und freut sich, dass dieser auch in Position bleibt.
Trotz des Verzichtes auf Rotationssicherung der Suprakonstruktion wird ein Kippen der Un- terkieferprothese durch Anordnung der 4 Implantate erreicht.
Durch die Steg-Versorgung wird eine sichere Positionierung und Schienung der Implantate für den Heilungsverlauf und die
Osseointegration erreicht.
Die Implantate heilen funktionell unter Belastung ein.

Die HONNEFER-VERSORGUNG ist durch die einfachen sicheren Behandlungsschritte sehr Anwender-freundlich und erfreut sich bei den Patienten aufgrund der kurzen und nicht be- lastungsintensiven Behandlungszeiten mit schnellem End-Erfolg großer Beliebtheit.